Marriage, Wodka, Travel
Schneller als gedacht, ist der Winter vorbei, der nicht wirklich ein richtiger war.
Und fixer, als geplant, ist auch die Zeit verronnen, in der wir uns eigentlich vorgenommen hatten, diesen Blogpost als ersten des Jahres 2022 einzustellen.
Ab Mitte Dezember durften wir in das Zimmer eines Freundes zur Zwischenmiete ziehen und haben so relativ bequem den Frühling begrüßen können.
Die Zeit der Verfügbarkeit war über die letzten Monate mehrmals unterbrochen – der Struggle mit den Realitäten und meine Naivität bzgl. des Glaubens in die Liebe unter den Menschen ließ mich so manches Mal ratlos dastehen.
Waren wir noch positiv in das Jahr 2021 gestartet, weil uns die Zuversicht auf eine Entspannung der Coronalage trug, die mit dieser schönen und anteilnehmenden Aufbruchstimmung Ende Mai so viele Menschen erfasste, so hakten wir das alte Jahr mit dem Corona-Endspurt dann doch eher schulterzuckend und leicht resigniert ab.
Über die letzten Monate der Pandemie haben einige Menschen viele (positive) Gefühle von sich abgespalteten bzw. diese in Begegnungen immer mehr von sich gewiesen. Sie haben sich mehr und mehr verunsichert gezeigt, den Glauben ineinander verloren – sich in Parallelwelten und Blasen zurückgezogen.
Das aufeinander zugehende, freundschaftlich interessierte Verhältnis war gen Winter hin einem Argwohn gewichen, der mich schaudern ließ. Kommunikation fand meist nur noch oberflächlich statt - divergierende Meinungen handelte man nicht mehr aus, um einen Konsens in Achtung und Würde zu finden. Gespräche brach man einfach ab oder beendete sie aus reiner Hilflosigkeit mit roher Angriffslust.
Es hat gedauert, um damit umgehen zu können.
Jeder hat ähnliche Themen, die ihn beschäftigen – ähnliche Ängste, Hoffnungen. So kann man sich durchaus auf einer gemeinsamen Ebene begegnen: Mit Liebe und tiefem Respekt im Herzen.
Und während ich hier nun diese Sätze rückblickend schreibe, draußen im Garten die Vögel lustig in die Frühlingssonne zwitschern, Hamamelis, Forsythia und die Magnolien knospen, die Winterlinge, Schneeglöckchen und Krokusse ihre Köpfchen der Wärme zu neigen, wir uns auf die Hochzeit von Freunden im April freuen, ist der 24. Februar 2022 und fassungslos ungläubig vernehme ich die Nachrichten. Weinend setze ich mich, als ich höre, daß Russland die Ukraine von mehreren Seiten angegriffen hat. Die Staaten der europäischen Union rechnen mit einem schnellen Ende: von Donnerstag bis Wochenende alles vorbei und Kiew gefallen.
All das kleine Böse der letzten zweieinhalb Jahre scheint nun zu explodieren. Der Konsens: Nie wieder Krieg ! ist aufgekündigt.
Ich versuche Freunde zu erreichen. Erst nach mehrmaligen Versuchen gelingt es. Einige sind in Sicherheit und kurz vorab ausgeflogen, ein Teil hat sich innerhalb des Landes zu Freunden zurückgezogen.
Ich sehe die Bilder der in Angst fliehenden Menschen und die verstopften Straßen, die Verzweiflung, die Tränen. Menschen, die ihre Kinder und Haustiere an sich drücken, um in ihrem Überlebenswillen Sicherheit durch Flucht zu suchen.
Die Mobilmachung ist befohlen. Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land nicht mehr verlassen. Mit diesen Männern sind auch Freunde gemeint, die Familie haben und um welche ich nun umso mehr bange.
Es wird mir schockierend klar, dass all die belächelten sog. Verschwörungstheoretiker, die zu Beginn der Covid Pandemie bereits gewarnt hatten:“Erst eine Pandemie, dann der Krieg.“, recht hatten.
Die Zerbrechlichkeit der Existenz und des Lebens wird schmerzhaft bewußt.
Der Krieg dauert nun bereits knapp drei Monat und Millionen Menschen sind vor ihm auf der Flucht, Städte im Osten der Ukraine abgeschnitten, z.T. in Schutt und Asche gelegt, niemand beerdigt die Toten in Würde. Man trifft sich zum wer weiß, wievielten Male am Verhandlungstisch. Ohne zu weichen.
Wer hier welches taktische Spiel treibt, bleibt unklar.
In Deutschland wurde das Grundgesetz geändert, um einen Milliardenhaushalt zur Aufrüstung implementieren zu können, eine Hungersnot droht in sog. ‚Schwellenländern‘, da Getreidelieferungen zurückgehalten werden, die Börse reagiert derweil auf alle Nachrichten munter volatil, während die Inflation immer höher steigt – man folgt wieder der Spur des Geldes und verdient es mit dem Leid der Anderen.
Mittlerweile ist der Juni angebrochen. Es scheint die Sonne, das 9 Euro Ticket und die Nachrichten über die Sorge der Sylter Bürger vor einfallenden Punker-Horden und deren clever vorausschauenden Bierlieferungen an Amazon-Locker haben die Kriegsnachrichten längst überlagert:-> Jetzt kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft.
Ob ich dazu noch mehr schreiben kann, bezweifle ich.





