Schattenarbeit oder Der Weg, sich einzusammeln
Nun ist der Sommer vorbei, der Nebel hängt tief in der Landschaft und das Jahr neigt sich dem Ende.
Wir hatten von Freunden Abschied genommen und wollten zügig unsere erste Etappe in Polen erreichen.
Doch soweit sind wir gar nicht gekommen. Ein unglücklicher ‚Beisvorfall‘ zwischen einer selbstbewußten Doggendame und Sojus hat uns wieder in die Heimat zurückkehren lassen.
Ich weiß nicht, was an diesem Jahr ist, aber: dieses Jahr ist wirklich ein sehr komisches Jahr – wir starten, kommen nicht wirklich weit, starten nochmals und nochmals …und landen immer wieder in der Hood und in uns Selbst an.
Um Veit Lindau zu paraphrasieren: Scheinbar sucht unsere Seele noch verschiedene Teile zusammen, die sich in den Schatten verstecken und gesehen werden wollen, um ganz zu werden, zu wachsen und tatsächlich die ‚volle‘ Kraft und das Vertrauen zu erlangen, die diese Reise für uns benötigt.
Ich bemühe mich in Resonanz mit Diesen zu treten und Harmonie zu erlangen, alle Dinge, die mir bzw. uns begegnen, an die Türen unseres Zuhauses klopfen vertrauensvoll und neugierig anzunehmen und einzuladen, sich mit mir auf ein offenes Gespräch an den Tisch zu setzen.
Wir sind dankbar, daß es Freunde gibt, die uns mit diesem merkwürdigen Hin & Her auffangen, in den Arm nehmen und den ganzen Kladderradatsch mit den Worten: „ Dann ist es eben so…“ abwinken und/oder uns mit einfühlsamen Fragestellungen ein lenkendes und behutsames Input zum Nachdenken an die Hand geben.
Über die letzten Monate haben wir immer wieder das Glück gehabt, denjenigen Menschen zu begegnen, die mich lehren, mich mit mir selbst noch intensiver zu treffen, mein inneres Vertrauen auszubauen und mich unbewußten Blockaden zu stellen.
Mittlerweile haben wir uns eingestanden, daß die Reise dieses Jahr nicht wie geplant klappt, das Winterquartier am Schwarzen Meer nicht mehr erreicht wird und wir dann lieber im nächsten Jahr starten sollten, statt in den Winter hinein zu fahren und nicht abschätzen zu können, wo uns dieser überrascht. Es macht keinen Sinn, fix die Route zu challengen und keine Zeit für Land, Leute und die einzelnen Etappenziele zu haben. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich aktuell mental auch gar keine Kraft mehr, die Route z.B. über den Balkan umzustellen, damit wir doch schnell im Warmen landen.
Freunde, die uns erwarteten, haben wir schweren Herzens darüber informiert und die, über die letzten Tage herrschende, Traurig- und Nachdenklichkeit mittlerweile bejahend überwunden.
Die gespürte Enttäuschung bei Einigen, die sich für mich schon sehr gefreut hatten – manchmal auch Verletztheit, weil sie so daran glaubten, etwas – auch für ihr Leben - Aufregendes passiert nun endlich mit uns als „Reise – und Traumverwirklicherstellvertreter“ – ja sogar die schadenfrohe Häme von Wenigen haben wir annehmen können, denn jede Reaktion hat und braucht seinen Platz.
Während man im April die ungemütlich trüben und kalten Regentage mit der Zuversicht auf die wärmenden Sommermonate eingekuschelt im Bus mit Ingwertee, einem Buch und alten Freundschaften gut ertrug, wird’s nun etwas schwerer, da man sich gewiss sein kann, daß auf ungemütliche Tage im Herbst erfahrungsgemäß noch ungemütlichere kältere Tage bis zum Frühjahr des nächsten Jahres folgen – also wettertechnisch nichts besser wird.
Dick eingepackt in Hoodie und Funktionsweste stiefeln wir unauffällig durch den Tag, haben unseren Bus weitgehend winterfest gemacht und sitzen nun am Abend gemütlich bei bollernder Dieselheizung mit einem guten Buch in der Hand und einer dampfenden Tasse Tee auf dem Tisch im Bus. Auf Herbst, Wind & Wetter oder gar Winter waren wir ursprünglich nicht wirklich vorbereitet, da die Planung „ immer der Sonne hinterher“ zu reisen vorsah. Nun haben wir uns hier daran erinnern lassen, daß es mindestens drei, wenn nicht sogar vier Jahreszeiten gibt und sind auch in der Lage, damit umzugehen.
Wir genießen die Spaziergänge durch den Wald voller Pilze, schauen vergnügt den kreischenden Gänsen hinterher, die in schöner Formation gen Süden ziehen, nehmen voller Staunen und auch Freude das Färben der Blätter hin zum bunten Herbstlaub wahr. Traurig hingegen schauen wir über die Felder voll welker Sonnenblumen und auf all das Fallobst, welches wir nicht mit aufsammeln können.
Mit Freunden zusammen haben wir Gläserweise eingekocht. Für die kalte Jahreszeit ist also wie früher üblich bestens vorgesorgt.
Sojus tollt wieder frohgemut auf den Spaziergängen durch die angrenzende Gohrischheide oder die Elbauen und nimmt jede Witterung mit leuchtenden Augen und gespitzten Ohren interessiert auf.
Auch Heinz‘chen spaziert selbstbewußt durch den Tag und bringt als vorbildlicher Werktätiger täglich seine Beute an den Bus, die – sofern wir Nahe des Brandenburgischen bei Freunden auf dem Hof stehen- geschwind von den Hühnern im Schnabel weggetragen wird.
Am Abend genießen wir gemeinsam gemütliche Abende am Feuer und im Mondschein, schauen in den wunderschönsten Sternenhimmel ever oder sitzen zusammen mit den liebsten Stellplatznachbarn in der Eckkneipe bei Soljanka und Borschtsch.
Dem kleinen Katzenmädchen Frieda, welches einige Tage bei uns mit im Bus wohnte, konnten wir ein neues Zuhause vermitteln und Dank einer mitfühlenden Freundin auch die Kosten für die notwendigen Impfungen und die Kastration übernehmen. —> Hier geht ein liebes ‘Danke!‘ an Frau N. von R.
Zum Ende des Monats September werde ich wieder arbeiten gehen und mich in einen (fremd-) geregelten Tagesablauf fügen. So kann ich unser Reisebudget auffüllen und Richtung April 2022 schauen.
Über die nächsten Monate wird es hier nun ruhiger werden. Regelmäßige Berichte erwartet eher im nächsten Jahr wieder.
Bis dahin ! Vergesst nicht, daß ihr sterblich seid und liebt !





